Kopfüber


Weltweit verwenden viele Menschen den Ausdruck, dass unsere Welt auf den Kopf gestellt ist. Dem stimme ich voll und ganz zu.

Nachfolgend finden Sie einen Auszug aus dem Buch „Was kommt nach dem Kapitalismus“ des österreichischen Autors Herbert Giller, der diese Situation des „Auf den Kopf gestellt seins“ sehr gut analysiert. Das ganze Buch bietet einen guten Weg, wie man es ändern kann.

Die Struktur


Die Struktur des menschlichen Lebens im Universum lässt sich am besten durch ein Modell auf drei Ebenen beschreiben. Der Mensch steht zwischen der geistigen und der physischen Welt, ist mit beiden verbunden und somit das Bindeglied, das das Universum komplett macht.

An der Spitze steht die geistige Ebene, die spirituelle Werte, Religion, Ethik und Moral umfasst.

In der Mitte befindet sich die menschliche Ebene, die das Zusammenleben der Menschen regelt. Wir fassen sie normalerweise unter dem Begriff Politik zusammen.

An der Basis befindet sich die materielle Ebene, durch die die Menschen mit all den Dingen versorgt werden, die sie für ihre Existenz und ihr Wohlergehen benötigen. Dies nennt man Ökonomie.

Geistige Werte

Religion, Ethik, Moral

Politik

Regelungen für das Zusammenleben der Menschen

Wirtschaft

Versorgung der Menschen mit Gütern und Dienstleistungen

Der Tractatus socio-oeconomicus (lateinisch) (zu deutsch: Sozioökonomischer Vertrag) befasst sich hauptsächlich mit der untersten Ebene, der Wirtschaft, doch sollen auch die Wechselwirkungen zwischen allen Ebenen im Detail untersucht werden.

Die sinnvolle Reihenfolge ist, dass sich die Politik an der übergeordneten Ebene orientieren soll, sodass ethische Prinzipien wie Gerechtigkeit, Korrektheit, Ehrlichkeit, Anstand und Interesse am Gemeinwohl das politische Handeln bestimmen.

Die Wirtschaft hingegen als unterste Ebene soll klare Vorgaben von der Politik erhalten, damit sie der menschlichen Gesellschaft bestmöglich dienen kann. Auf diese Weise sollen ethische Prinzipien auch in der Wirtschaft übernommen werden und verhindern, dass wirtschaftliches Handeln der Gemeinschaft schadet.

Kommentar

Wenn wir uns die Welt heute ansehen, kommen wir zu dem Schluss, dass die Hierarchie dieser drei Ebenen genau auf den Kopf gestellt ist. Die Politik wird von der Wirtschaft dominiert und nicht umgekehrt. Sie wird nicht nur von sogenannten „Sachzwängen“, sondern auch direkt von wirtschaftlichen Eigeninteressen manipuliert. Firmen und Konzerne schicken Lobbyisten los, um Politiker für ihre egoistischen Interessen zu instrumentalisieren. Präsidenten werden durch Wahlkampfspenden gekauft und entscheiden sich dann, sobald sie an der Macht sind, zugunsten ihrer Spender. Die ganze Welt schaut zu und denkt nicht darüber nach. Die Finanzmärkte nutzen ihre Machtposition aufgrund der Verschuldung der Staaten gnadenlos aus und schieben die Politik buchstäblich vor sich her. Hinzu kommt der zwanghafte Glaube der Politiker, ständig „Arbeitsplätze“ schaffen oder deren Schaffung fördern zu müssen. Dies macht die Politik schließlich zur Marionette der Wirtschaft.

Die Politik ihrerseits hat sich völlig von der geistigen Ebene abgekoppelt. Auch wenn sich manche Politiker gerne mit kirchlichen Vertretern in der Öffentlichkeit zeigen, sind Moralbegriffe wie Ehrlichkeit, Anstand, Prinzipientreue und Unbestechlichkeit keine praktischen Kategorien politischen Handelns mehr. Auch wenn kleinere Gruppen und Initiativen immer wieder versuchen, eine moralische Politik zu etablieren, geraten diese Bemühungen unter den Einfluss allgemeiner Parteizwänge und Machtkämpfe.

Fazit

Die Umkehrung der hierarchischen Ebenen der menschlichen Existenz ist eine grundlegende Ursache für das Scheitern einer gerechten, lebenswerten Welt für alle Menschen. Diese Hierarchie muss wieder umgekehrt werden. Die Politik muss ihr Handeln an moralischen Prinzipien ausrichten und vor diesem Hintergrund der Wirtschaft klare Regeln und Verhaltensweisen auferlegen. Die Wirtschaft muss sich wieder in den Dienst der Gesellschaft stellen, statt egoistische Profitinteressen zu verfolgen.